Peinliche Tagebücher

Vor mir am Schreibtisch, etwa einen halben Meter über meinem Kopf, stehen im Regal seit eigentlich immer ein paar recht hässliche, kleine Bücher. Das schreibe ich jetzt eigentlich nur so, weil es gut klingt, denn das Regal ist recht neu. Sie hat es vor ein paar Monaten überraschend besorgt und angebracht, nachdem ein Maler die Tapeten im Wohnzimmer gelöst und Farbe direkt auf die Wand aufgetragen hat. Das mache man jetzt so.

Frauentag

Jeder könne ja machen, was er wolle. Aber für ihn sei das nichts. Er gehe drei Mal am Tag in den Wald und dann einmal die Woche zum Tennis - um sich mal so richtig auszupowern. Es sei ja schön, wenn sie da mit ihrem Yoga und so glücklich sei, aber er brauche was Richtiges. Yoga sei durchaus anstrengend und auspowernd, wenn man wolle, wirft sie ein. Ja, ne, also er meine so richtig auspowern.

Berlin-Filme: Emil und die Detektive (2001)

Ich habe ja einen leichten Faible für Berlin-Filme, also Filme, die irgendwie in Berlin spielen. Oft muss ich dabei ein bisschen leiden, weil aus dramaturgischen oder “ist-mir-egal”-Gründen meistens die Topographie der Stadt völlig auf den Kopf gestellt wird. Damit es eine schöne Bildfolge gibt, steht dann das Brandeburger Tor quasi neben dem Fernsehturm und die Oberbaumbrücke muss eigentlich immer herhalten und steht eigentlich in jedem Bezirk, damit eine U-Bahn adredd drüberfahren kann.

Sloterdijks unerregtes Tagebuch 2011-2013

Habe heute gelesen, dass Sloterdijk nächste Woche ein Tagebuch 2011-2013 veröffentlichen wird und es ginge da unter anderem um die Erregungsinduskrie. Also eigentlich konnte ich es gar nicht lesen, weil der Artikel war nur für ZEIT-Abonnent_innen und da musste der Sloterdijk eben draußen bleiben. Bzw. ich. Aber dann war ich schlau und habe auf der Seite vom Suhrkamp-Verlag weitergelesen und mich gefragt, wie man ein eigentlich ein thematisches Tagebuch führt. Legt man das vorher fest oder merkt man später, dass man immer über das gleiche geschrieben hat?

Grenzkontrollen in Europa

Ob sie die Reisepässe der Kinder einpacken könne, frage ich. Wieso denn, wir würden doch nur mit dem Zug nach Südtirol fahren, entgegnet sie. Hier, EU und so. Ja, da habe sie schon Recht, aber eine Freundin hätte mir letztens erzählt, dass sie bei der Einreise nach Deutschland von einem EU-Land plötzlich alle intensiv kontrolliert wurden. Man könne ja gar nicht mehr wissen, wer jetzt wo genau kontrolliere. Alle verrückt. Und dann hatte sie noch angemerkt, wie merkwürdig es für ihre Generation sei, in der EU plötzlich auf Grenzen zu stoßen.

Gentrifizierung vs. Porridge. Es ist kompliziert

Nachdem ich letztens das Plakat zu einer Ausstellung über Berlin in den 1990er Jahren gesehen habe, ist mir noch einmal bewusst geworden, wie besonders die Phase nach dem Mauerfall hier war. Es gab eine Zeit, in der viel probiert werden konnte und auch in zentraler Lage viele finanziell wenig aussichtsreiche Projekte ganz selbstverständlich ihren Platz hatten. Das machte auch einen Charme aus, der Berlin zu einem Magneten für Menschen machte, die diese Stimmung genießen wollten.

Tod

Auf der Heimfahrt vom Land stehen wir eine Viertelstunde in einer kleinen Straße, weil zwei Krankenwagen vor einem SeniorInnenheim die Weiterfahrt blockieren. Es ist bereits dunkel und das Blaulicht zuckt in die Nacht. Irgendwann wird eine alte Frau auf einer Liege hinaustransportiert. Sie lebt noch, denke ich. Aber die Szene wirkt einsam und routiniert zugleich. Ob die Kinder hinten schlafen, denke ich. Ich bin mir unsicher, ob ich es gut oder schlecht finde, wenn sie die Szene verfolgen.

Gameboy ohne Licht

Heute habe ich wieder meinen Retrobeutel rausgekramt. In ihm sind zwei Gameboys, ein GameGear und eine Nintendo DS. Es hat noch immer einen erstaunlichen Charme, einfach Tetris in den Gameboy einzustecken, das Gerät einzuschalten, die Musik hochzudrehen (dimmdadadimmdadadimm) und loszuspielen. Und so richtig verlernt man es auch nicht und kann dann seinen Kindern beim Verzweifeln an der Steuerung zusehen. Was mich aber heute immer wieder aufs Neue überrascht: Wie ungewohnt nicht beleuchtete Displays.

333 Worte verfilmt

Einmal in der Woche gibt es hier Familien-Guck-Abend. Meistens Freitag, heute ist Freitag. Es ist nicht immer ganz leicht, etwas zu finden, was allen gefällt, und oft gibt es dann einfach, ein oder zwei Folgen einer Kinderserie, wobei viele Serien ja wirklich unerträglich sind. Zum Anzünden ist “Nicky, Ricky, Dick & Dawn”, wobei der Titel schon reicht, um alles über die Serie zu wissen. Ganz schön fanden eigentlich alle die Trickserie “Lost in Oz”, die eine Fortführung der “Wizard of Oz”-Geschichte in der Zukunft ist und viele überraschende Einfälle bietet.

Solo Piano ohne Solo

Gestern ist das dritte Solo Piana Album von Chilly Gonzales erschienen. Zum Start gab es in mehreren Städten Release-Konzerte ohne den Künster: Er hat vorher acht Stücke aufgenommen und diese wurden mit selbst spielenden Pianos aufgeführt. Ich war auf dem Konzert in Berlin und es war merkwürdig. Eigentlich hatte ich mit einem rumstehenden Piano gerechnet, aber es gab eine Bühne, eine ordentliche Beleuchtung, einen Hocker vorm Piano und Stuhlreihen. Dort saß man dann und lauschte der Aufführung, während man sehen konnte, wie Tasten und Pedale sich bewegten.